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Stadt auf Zeit II

Im Anschluss an das Projekt «Stadt auf Zeit I» von 2024, in welchem wir uns mit temporärem Wohnen auf dem Mietmarkt befasste, haben die Studierenden dieses Jahr das wachsende Phänomen der ‘gemeinnützigen Zwischennutzung’ in Zürich untersucht. Die Forschungsgruppen analysierten verschiedene Initiativen, darunter das Feministisches Streikhaus, die Autonome Schule Zürich, die Zentralwäscherei, oder das ‘Parki’, sowie Vermittlungsstellen für befristete Räume wie die Dynamo Raumbörse, das JUWO, die IG Basislager und der Verein Zitrone. Ziel der Untersuchungen war es, die Herausforderungen für die Governance, die prekären Alltagsrealitäten und die vielschichtigen Auswirkungen von städtischen Zwischenlösungen besser zu verstehen.  

In Zürich, einer Stadt mit einer langen Tradition der formellen und informellen Zwischennutzung, ist dieses Thema von grosser Relevanz. Im Kontext der Stadtentwicklung und Verdichtung haben Zwischennutzungen in Schweizer Städten zunehmend an Bedeutung gewonnen und die aktuelle Stadtpolitik hat zu einer weiteren Institutionalisierung dieser Praktiken geführt. Angesichts der anhaltenden Wohnungsknappheit und des Drucks durch Immobilienspekulationen haben öffentliche und gemeinnützige Eigentümer die Zwischennutzung als strategisches Instrument erkannt. Die temporäre Vergabe von Stadträumen kann dazu dienen, die Leerstandskosten zu senken, Hausbesetzungen zu vermeiden oder flexibel auf wandelnde städtische Anforderungen zu reagieren. 

Zwischennutzungen können erschwingliche Räume in zentraler Lage bereitstellen, womit sie zivilgesellschaftlichen Gruppen und Einzelpersonen – zum Beispiel Studierenden – zugutekommen. Diese Vorteile gehen jedoch mit kritischen Herausforderungen einher. Obwohl solche Vereinbarungen auf den ersten Blick für alle involvierten Parteien vorteilhaft erscheinen, resultieren sie oftmals in einer Normalisierung von Prekarität und eng befristeten Nutzungen. Daraus ergeben sich weiterführende Fragen hinsichtlich sozialer Gerechtigkeit und tiefgreifenderer Widersprüche zwischen städtepolitischen Zielen und der gelebten Realität. 

 

Die Studierenden integrierten ihre persönlichen Erfahrungen als Zwischennutzende oder Projektteilnehmende in ihre Forschung. Die Untersuchung der vorliegenden Fragen erfolgte durch drei Forschungsgruppen. 

 

Raumvergabe

Im Fokus dieser Forschungsgruppe stand die Frage, welche Akteure Zugang zu diesen Räumlichkeiten erhalten und auf welche Weise die Raumvergabe organisiert wird. Die Studierenden fokussierten sich auf die Vision, die Politik und die Kriterien der Stadt Zürich sowie auf die Praktiken von gemeinnützigen Anbietern bei Organisation und Mitbestimmung von Zwischennutzungen. 

 

Studentisches Wohnen 

Diese Gruppe untersuchte, inwiefern Zwischennutzungen für Studierende in der Lage sind, ihre sozialen Visionen mit den tatsächlichen Bedürfnissen der Bewohnenden in Einklang zu bringen. Dabei stand die Frage im Zentrum, inwiefern temporäre Wohnangebote dazu führen können, dass Rechte verschleiert werden, die den Mietern nicht bewusst sind, oder die sie gegenüber Eigentümer:innen nicht einfordern können. Dabei besteht die Gefahr, dass prekäre Wohnverhältnisse unter dem Deckmantel von "Win-Win-Lösungen" normalisiert werden. 

 

Temporalität

Diese Gruppe untersuchte, welche Auswirkung die Temporalität bzw. die zeitliche Begrenzung von Räumen auf die Gestaltung der Ziele, Ressourcen und Kapazitäten kultureller oder politischer Projekte spielt, die von Zwischennutzungen Gebrauch machen. Die Analyse befasst sich mit Initiativen, die aktivistische oder soziale Ziele verfolgen, sowie anderen Kulturprojekten, die überhaupt erst durch den befristeten Zugang zu Räumlichkeiten entstanden sind. In diesem Zusammenhang wurden unterschiedliche Erfahrungen und die ambivalenten Auswirkungen von Temporalität hervorgehoben.  

 

Diese drei Forschungsprojekte zu Zwischennutzungen demonstrieren, dass die temporäre Nutzung zu einer regulären, jedoch unsicheren Form der Stadtentwicklung avanciert ist, die zugleich Möglichkeiten eröffnet und soziale Ungleichheiten perpetuiert. Dabei wurden aktuelle Fragen zu den Themen Inklusion, Macht und den Bedingungen, unter denen Raum in heutigen Städten bereitgestellt oder verweigert wird, aufgeworfen. 

 

Die Forschungsprojekte wurden im Rahmen des Masterstudiengangs Geographie an der Universität Zürich im Modul GEO422 Urban Geography: Research and Methods durchgeführt. 

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Aktivitäten am und um den Hauptbahnhof Zürich & das Central
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